über Uns

Lass uns drüber reden

Mor(i)aldebatte, Cancel Culture, Entrüstungswahn, Empörungspflicht, Schweigegebote, Diskursverweigerung, Fake News, zweifelhafte Objektivitäten, LoveundHatespeech, Brandbeschleunigergeheul, …

Die Spirale, die wir durch immer lauteres gegeneinander Argumentieren antreiben, verträgt dringend eine Entschleunigung. Wir wollen den Dialog und den die ‚Anderen‘ respektierenden Diskurs wieder in den Vordergrund rücken und dazu einladen.

Seit Jahren erleben wir, dass gewisse Themen zunehmend als Tabus in der öffentlichen Diskussion behandelt werden. Manche Auseinandersetzungen werden aus der Angst falsch verstanden zu werden oder der anderen (welcher?) Seite Aufwind zu geben, vermieden, obwohl sie notwendig wären. Bei anderen polarisierenden Themen fehlt der Wille, sich vorurteilsfrei und ohne fixe Vorannahmen auf die Argumente des Gegenübers einzulassen bzw. einfach nur zuzuhören. Bedenklich ist außerdem, dass eine Gesellschaft, die sich polarisiert, genau jenen Kräften politisch in die Hände spielt, welche Demokratie und eine pluralistische offene Gesellschaft ablehnen.

So nehmen wir täglich wahr (oder kommt es uns nur so vor?), dass das Vertrauen in unsere demokratischen Grundlagen, den Rechts- und Sozialstaat, die Grund- und Menschenrechte sukzessive ausgehöhlt und schlechtgeredet werden. Die Diskussionen verebben, das Unverständnis wächst auf allen Seiten, eine positiv-gestimmte Gesellschaftsentwicklung scheint zu stagnieren, die Themen, Probleme und Unbenennbarkeiten bleiben aber.

Natürlich gibt es noch diejenigen, die diskutieren, rebellieren, demonstrieren, posten und gegen die mit der „falschen“ Meinung anschreiben, doch bleibt es leider oft beim „Dagegen Sein“, beim „Status Quo-Verteidigen“, beim Analysieren der Umstände und beim Empören darüber … und irgendwie merken wir das reicht nicht, das bringt uns nicht wirklich weiter.

Lass uns hin- statt wegschauen

Jenny Holzer, amerikanische Künstlerin, stellt in einer ihrer Installationen fest: „The beginning of the war is secret – Der Beginn des Krieges ist geheim*.“ Wahrscheinlich ist es auch hier so ähnlich. Wir wissen nicht genau, wann und wo die Tabuisierung, die Verunglimpfung, die Diffamierung … begonnen hat. Aber diese Mechanismen machen das Aussprechen von Meinungen schwer, sie bringen Menschen zum Schweigen (silencing im Netz z.B. betrifft Frauen massiv), legen das Umschiffen von Themen nahe, verhindern ein „langsameres“ und respektvolles Diskutieren. Sie verbieten das Verlassen des blasentypischen Denkansatzes, sperren mehrperspektivisches Denken aus.

* Vielen Dank für die essentiellen Beiträge zur Entstehung dieser Gedanken an Bernhard Possert, Lisa Rücker, Bernhard Seidler, Ingrid Brodnig, Siobhan Geets, Robert Treichler, Martin Staudinger, Gernot Bauer (profil), Christian Schüller und viele andere (von Ö1 und ORF), Thomas Pölzler und Klaus Kastberger (Der Standard) und viele andere …